Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

vom 25. März 1957

in Kraft getreten am 1. Januar 1958

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SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER, DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK, DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK, IHRE KÖNIGLICHE HOHEIT DIE GROSSHERZOGIN VON LUXEMBURG, IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE,

IN DEM BEWUSSTSEIN, daß die Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt darstellt,

IN DER ÜBERZEUGUNG, daß nur ein gemeinsames Vorgehen, ohne Verzug unternommen, Aussicht bietet, die Leistungen zu verwirklichen, die der schöpferischen Kraft ihrer Länder entsprechen,

ENTSCHLOSSEN, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt,

IN DEM BESTREBEN, die Sicherheiten zu schaffen, die erforderlich sind, um alle Gefahren für das Leben und die Gesundheit ihrer Völker auszuschließen,

IN DEM WUNSCH, andere Länder an ihrem Werk zu beteiligen und mit den zwischenstaatlichen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, die sich mit der friedlichen Entwicklung der Kernenergie befassen,

HABEN BESCHLOSSEN, eine Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) zu gründen; sie haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER:
Herrn Paul-Henri SPAAK, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Baron J. Ch. SNOY ET D'OPPUERS, Generalsekretär des Wirtschaftsministeriums, Leiter der belgischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND:
Herrn Dr. Konrad ADENAUER, Bundeskanzler;
Herrn Professor Dr. Walter HALLSTEIN, Staatssekretär des Auswärtigen Amts.

DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK:
Herrn Christian PINEAU, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn Maurice FAURE, Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten.

DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK:
Herrn Antonio SEGNI, Ministerpräsident;
Herrn Professor Gaetano MARTINO, Minister für Auswärtige Angelegenheiten.

IHRE KÖNIGLICHE HOHEIT DIE GROSSHERZOGIN VON LUXEMBURG:
Herrn Joseph BECH, Staatsminister, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn Lambert SCHAUS, Botschafter, Leiter der luxemburgischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE:
Herrn Joseph LUNS, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn J. LINTHORST HOMAN, Leiter der niederländischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

DIESE SIND nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt übereingekommen:

TITEL I
Aufgaben der Gemeinschaft

Artikel 1

Durch diesen Vertrag gründen die HOHEN VERTRAGSPARTEIEN untereinander eine EUROPÄISCHE ATOMGEMEINSCHAFT (EURATOM).

Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen.

Artikel 2

Zur Erfüllung ihrer Aufgabe hat die Gemeinschaft nach Maßgabe des Vertrags
a) die Forschung zu entwickeln und die Verbreitung der technischen Kenntnisse sicherzustellen;
b) einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen;
c) die Investitionen zu erleichtern und, insbesondere durch Förderung der Initiative der Unternehmen, die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind;
d) für regelmäßige und gerechte Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen;
e) durch geeignete Überwachung zu gewährleisten, daß die Kernstoffe nicht anderen als den vorgesehenen Zwecken zugeführt werden;
f) das ihr zuerkannte Eigentumsrecht an besonderen spaltbaren Stoffen auszuüben;
g) ausgedehnte Absatzmärkte und den Zugang zu den besten technischen Mitteln sicherzustellen, und zwar durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes für die besonderen auf dem Kerngebiet verwendeten Stoffe und Ausrüstungen, durch den freien Kapitalverkehr für Investitionen auf dem Kerngebiet und durch die Freiheit der Beschäftigung für die Fachkräfte innerhalb der Gemeinschaft;
h) zu den anderen Ländern und den zwischenstaatlichen Einrichtungen alle Verbindungen herzustellen, die geeignet sind, den Fortschritt bei der friedlichen Verwendung der Kernenergie zu fördern.

Artikel 3

(1) Die der Gemeinschaft zugewiesenen Aufgaben werden durch folgende Organe wahrgenommen:
- eine VERSAMMLUNG,
- einen RAT,
- eine KOMMISSION,
- einen GERICHTSHOF.

Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse.

(2) Der Rat und die Kommission werden von einem Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Aufgabe unterstützt.

Durch den Artikel 19 des Vertrags vom 22. Juli 1975 wurde der Artikel 3 durch folgenden Absatz ergänzt:
"(3) Die Rechnungsprüfung wird durch einen Rechnungshof wahrgenommen, der nach Maßgabe der ihm in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse handelt."

Durch den Artikel I Ziffer 1 des Vertrags über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 erhielt der Artikel 2 folgende Fassung:
"(1) Die der Gemeinschaft zugewiesenen Aufgaben werden durch folgende Organe wahrgenommen:
- ein Europäisches Parlament,
- einen Rat,
- eine Kommission,
- einen Gerichtshof,
- einen Rechnungshof.
Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse.
(2) Der Rat und die Kommission werden von einem Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Aufgabe unterstützt."

Durch Artikel 5 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 3 aufgehoben.

Hinweise zu den Organen:
1. Durch das Abkommen über gemeinsame Organe der europäischen Gemeinschaften, das gemeinsam mit den Verträgen zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Atomgemeinschaft am 25. März 1957 unterzeichnet und am 1. Januar 1958 in Kraft trat, wurden
- die Versammlung und
- der Gerichtshof
als gemeinschaftliche Organe der drei Gemeinschaften und
- der Wirtschafts- und Sozialausschuß
als gemeinschaftliches Organ der Wirtschafts- und der Atomgemeinschaft gebildet.
2. Durch den Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften  (allgemein "Fusionsvertrag" genannt) vom 8. April 1965 wurden mit Wirkung vom 1. Juli 1967
- der Rat und
- die Kommission und
- der Kontrollausschuß (ab 1. Juni 1977 dann der Rechnungshof)
als gemeinschaftliche Organe der drei Gemeinschaften gebildet.

Außerdem wurden durch den Fusionsvertrag
- die Finanzvorschriften der drei Verträge angeglichen, da durch den  Vertrag ein gemeinschaftlicher Haushalt der drei Gemeinschaften vorgeschrieben war.
- ein einheitlicher Beamten- und Beschäftigtenstatus für aller drei Gemeinschaften geschaffen.
- die Vorrechte und Befreiungen der drei Gemeinschaften vereinheitlicht.
3. Die unter 1. und 2. genannten Verträge wurden durch den Artikel 9 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 zwar aufgehoben, doch blieben durch den genannten Artikel 9 die gemeinsamen Organe, die gemeinsamen Finanzvorschriften, der einheitliche Beamten- und Beschäftigtenstatus sowie die vereinheitlichten Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften erhalten.
4. Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Aufgaben der Europäischen Atomgemeinschaft formal den Organen der Europäischen Union nach den Regeln der Verträge zur Gründung der Europäischen Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen.

TITEL II
Die Förderung des Fortschritts auf dem Gebiet der Kernenergie

KAPITEL 1
FÖRDERUNG DER FORSCHUNG

Artikel 4

(1) Die Kommission hat die Kernforschung in den Mitgliedstaaten zu fördern und zu erleichtern und zu ihrer Ergänzung das Forschungs- und Ausbildungsprogramm der Gemeinschaft durchzuführen.

(2) Die Kommission übt diese Tätigkeit auf den Gebieten aus, die in der diesem Vertrag als Anhang I beigefügten Liste bezeichnet sind.

Diese Liste kann vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission geändert werden. Die Kommission hört den in Artikel 134 vorgesehenen Ausschuß für Wissenschaft und Technik an.

Artikel 5

Um die Koordinierung der in den Mitgliedstaaten betriebenen Forschung zu fördern und sie zu ergänzen, fordert die Kommission die Mitgliedstaaten sowie Personen oder Unternehmen auf, ihr die in dieser Aufforderung bezeichneten Forschungsprogramme zu übermitteln. Sie tut dies entweder durch an bestimmte Empfänger gerichtete und ihrer Regierung mitgeteilte Anfragen oder durch allgemeine Bekanntmachung.

Nachdem die Kommission den Beteiligten jede Möglichkeit zur Äußerung gegeben hat, kann sie zu jedem ihr übermittelten Forschungsprogramm eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben. Sie muß dies tun, wenn der Staat oder die Person oder das Unternehmen, die ein Forschungsprogramm übermittelt haben, es beantragen.

Durch diese Stellungnahmen rät die Kommission von überflüssiger Doppelarbeit ab und weist die Forschung auf noch unzureichend bearbeitete Gebiete hin. Die Kommission darf die Programme nur mit Zustimmung der Staaten, Personen oder Unternehmen veröffentlichen, die sie übermittelt haben.

Die Kommission veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine Liste der Kernforschungsgebiete, die nach ihrer Auffassung noch unzureichend bearbeitet sind.

Die Kommission kann die Vertreter öffentlicher und privater Forschungszentren sowie alle Sachverständigen, die auf demselben oder einem verwandten Gebiet Forschungsarbeit leisten, zu Tagungen einladen, die der gegenseitigen Beratung und Unterrichtung dienen.

Artikel 6

Um die Durchführung der ihr übermittelten Forschungsprogramme zu fördern, kann die Kommission
a) im Rahmen von Forschungsverträgen finanzielle Hilfen gewähren, wobei jedoch Subventionen ausgeschlossen sind,
b) Ausgangsstoffe oder besondere spaltbare Stoffe, die ihr zur Verfügung stehen, für die Durchführung dieser Programme entgeltlich oder unentgeltlich liefern,
c) den Mitgliedstaaten, Personen oder Unternehmen Anlagen, Ausrüstungen oder die Hilfe von Fachkräften entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung stellen,
d) die betreffenden Mitgliedstaaten, Personen oder Unternehmen zu gemeinsamen Finanzierungen veranlassen.

Artikel 7

Der Rat legt einstimmig auf Vorschlag der Kommission, die den Ausschuß für Wissenschaft und Technik anhört, die Forschungs- und Ausbildungsprogramme der Gemeinschaft fest.

Sie werden jeweils für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren festgelegt.

Die zur Durchführung dieser Programme erforderlichen Mittel werden jährlich in den Forschungs- und Investitionshaushalt der Gemeinschaft aufgenommen.

Die Kommission sorgt für die Durchführung der Programme und erstattet dem Rat hierüber jährlich Bericht.

Die Kommission übermittelt dem Wirtschafts- und Sozialausschuß laufend eine allgemeine Übersicht über die genannten Programme.

Artikel 8

(1) Die Kommission errichtet nach Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Technik eine Gemeinsame Kernforschungsstelle.

Diese sorgt für die Durchführung der Forschungsprogramme und der anderen, ihr von der Kommission übertragenen Aufgaben.

Sie sorgt ferner für die Festlegung einer einheitlichen Fachsprache und eines einheitlichen Maßsystems auf dem Kerngebiet.

Sie errichtet eine Zentralstelle für das Meßwesen auf dem Kerngebiet.

(2) Die Tätigkeit der Kernforschungsstelle kann aus geographischen oder arbeitstechnischen Gründen in getrennten Anlagen ausgeübt werden.

Artikel 9

(1) Die Kommission kann, nachdem sie die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses eingeholt hat, im Rahmen der Gemeinsamen Kernforschungsstelle Schulen für die Ausbildung von Fachkräften gründen, insbesondere auf den Gebieten der Erzschürfung, der Herstellung von Kernstoffen von hohem Reinheitsgrad, der Aufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe, der Bautechnik für Atomanlagen, des Gesundheitsschutzes und der Herstellung und Verwendung von radioaktiven Elementen.

Die Kommission legt die Einzelheiten für die Durchführung der Ausbildung fest.

(2) Es wird eine Anstalt im Range einer Universität gegründet; die Einzelheiten ihrer Einrichtung werden vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission festgelegt.

Artikel 10

Die Kommission kann Mitgliedstaaten, Personen oder Unternehmen sowie dritte Staaten, zwischenstaatliche Einrichtungen oder Angehörige dritter Staaten durch Vertrag mit der Durchführung bestimmter Teile des Forschungsprogramms der Gemeinschaft betrauen.

Artikel 11

Die Kommission veröffentlicht die in den Artikeln 7, 8 und 10 genannten Forschungsprogramme sowie in regelmäßigen Zeitabständen Berichte über den Stand und Fortgang dieser Arbeiten.

KAPITEL 2
VERBREITUNG DER KENNTNISSE

Abschnitt 1
Kenntnisse, über welche die Kommission verfügen kann

Artikel 12

Auf Antrag bei der Kommission können die Mitgliedstaaten sowie Personen und Unternehmen die Einräumung nichtausschließlicher Lizenzen an den Patenten, vorläufig geschützten Rechten, Gebrauchsmustern oder Patentanmeldungen verlangen, deren Inhaberin die Gemeinschaft ist, soweit sie die Erfindungen, die Gegenstand solcher Rechte oder Anmeldungen sind, wirksam zu nutzen vermögen.

Unter den gleichen Voraussetzungen erteilt die Kommission Unterlizenzen an Patenten, vorläufig geschützten Rechten, Gebrauchsmustern oder Patentanmeldungen, sofern die Gemeinschaft Inhaberin vertraglicher Lizenzen ist, die eine derartige Möglichkeit vorsehen.

Die Kommission erteilt diese Lizenzen oder Unterlizenzen zu Bedingungen, die im Einvernehmen mit den Lizenznehmern festzulegen sind, und stellt ihnen alle zur Nutzung der Lizenzen erforderlichen Kenntnisse zur Verfügung. Diese Bedingungen umfassen insbesondere eine angemessene Vergütung sowie gegebenenfalls die Befugnis des Lizenznehmers, dritten Personen Unterlizenzen zu erteilen, und gegebenenfalls die Verpflichtung, die mitgeteilten Kenntnisse als Betriebsgeheimnis zu behandeln.

Wird über die in Absatz 3 genannten Bedingungen ein Einvernehmen nicht erzielt, so können die Lizenznehmer beim Gerichtshof die Festsetzung angemessener Bedingungen beantragen.

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde im Artikel 12 Absatz 4 das Wort "Gerichtshof" wurde ersetzt durch: "Gerichtshof der Europäischen Union".

Artikel 13

Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen die nicht den Bestimmungen des Artikels 12 unterliegenden, von der Gemeinschaft erworbenen Kenntnisse mit, welche sie entweder in Durchführung ihres eigenen Forschungsprogramms erlangt hat oder die ihr zur freien Verfügung mitgeteilt wurden.

Die Kommission kann jedoch die Mitteilung dieser Kenntnisse davon abhängig machen, daß sie vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben werden.

Erwirbt die Kommission Kenntnisse, deren Erwerb an gewisse Beschränkungen hinsichtlich ihrer Nutzung und Verbreitung geknüpft ist - zum Beispiel sogenannte Verschlußsachen -, so dürfen sie nur unter Beachtung dieser Beschränkungen mitgeteilt werden.

Abschnitt 2
Sonstige Kenntnisse

a) Verbreitung auf gütlichem Wege

Artikel 14

Die Kommission bemüht sich im Wege gütlicher Verhandlung um die Mitteilung der Kenntnisse, die für die Erreichung der Ziele der Gemeinschaft nützlich sind, und um die Einräumung von Nutzungslizenzen an Patenten, vorläufig geschützten Rechten, Gebrauchsmustern oder Patentanmeldungen, die derartige Kenntnisse zum Gegenstand haben.

Artikel 15

Die Kommission legt ein Verfahren fest, nach dem durch ihre Vermittlung Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen die vorläufigen oder endgültigen Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten austauschen können, soweit es sich nicht um Ergebnisse handelt, welche der Gemeinschaft aus der Durchführung von Forschungsaufträgen der Kommission zustehen.

Dieses Verfahren muß den vertraulichen Charakter des Austausches gewährleisten. Die mitgeteilten Ergebnisse können jedoch von der Kommission an die Gemeinsame Kernforschungsstelle zu Dokumentationszwecken weitergeleitet werden; dies hat keinerlei Nutzungsrecht zur Folge, soweit nicht derjenige, von dem die Mitteilung ausgeht, zugestimmt hat.

b) Mitteilung an die Kommission von Amts wegen

Artikel 16

(1) Unverzüglich nach Eingang der Anmeldung eines Patents oder Gebrauchsmusters in einem Mitgliedstaat, das für das Kerngebiet eigentümlich ist, sucht dieser Mitgliedstaat um das Einverständnis des Anmelders nach, den Inhalt der Anmeldung sofort der Kommission mitzuteilen.

Stimmt der Anmelder zu, so erfolgt diese Mitteilung binnen drei Monaten nach Eingang der Anmeldung. Stimmt der Anmelder nicht zu, so zeigt der Mitgliedstaat der Kommission innerhalb derselben Frist das Vorliegen der Anmeldung an.

Die Kommission kann den Mitgliedstaat ersuchen, ihr den Inhalt einer Anmeldung mitzuteilen, deren Vorliegen ihr angezeigt worden ist.

Die Kommission überreicht ihr Ersuchen binnen zwei Monaten nach der Anzeige. Jede Verlängerung dieser Frist hat eine entsprechende Verlängerung der im sechsten Unterabsatz vorgesehenen Frist zur Folge.

Erhält ein Mitgliedstaat ein solches Ersuchen der Kommission, so fordert er den Anmelder erneut auf, der Mitteilung des Inhalts seiner Anmeldung zuzustimmen. Stimmt der Anmelder zu, so erfolgt diese Mitteilung unverzüglich.

Stimmt der Anmelder nicht zu, so ist der Mitgliedstaat gleichwohl verpflichtet, nach Ablauf von achtzehn Monaten nach Eingang der Anmeldung der Kommission diese Mitteilung zu machen.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission binnen achtzehn Monaten nach Eingang das Vorliegen jeder noch nicht veröffentlichten Anmeldung eines Patents oder Gebrauchsmusters mit, das aufgrund einer ersten Prüfung ihres Erachtens zwar nicht für das Kerngebiet eigentümlich ist, jedoch mit der Entwicklung der Kernenergie innerhalb der Gemeinschaft unmittelbar zusammenhängt und hierfür von wesentlicher Bedeutung ist.

Auf Ersuchen der Kommission wird ihr der Inhalt der Anmeldung binnen zwei Monaten mitgeteilt.

(3) Die Mitgliedstaaten werden die Dauer des Anmeldeverfahrens für Patente oder Gebrauchsmuster, welche die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Gebiete betreffen und Gegenstand eines Ersuchens der Kommission sind, soweit wie möglich verringern, damit die Veröffentlichung in kürzester Frist erfolgen kann.

(4) Die genannten Mitteilungen sind von der Kommission vertraulich zu behandeln. Sie erfolgen nur zu Dokumentationszwecken. Die Kommission kann die mitgeteilten Erfindungen nur mit Zustimmung des Anmelders oder nach Maßgabe der Artikel 17 bis 23 benutzen.

(5) Steht ein mit einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung geschlossenes Abkommen der Mitteilung entgegen, so findet dieser Artikel keine Anwendung.

c) Erteilung von Lizenzen im Wege des Schiedsverfahrens oder von Amts wegen

Artikel 17

(1) Wird ein gütliches Einvernehmen nicht erzielt, so können nach Maßgabe der Artikel 18 bis 23 im Wege des Schiedsverfahrens oder von Amts wegen nichtausschließliche Lizenzen erteilt werden:
a) an die Gemeinschaft oder die nach Artikel 48 hierzu berechtigten gemeinsamen Unternehmen - für Patente, vorläufig geschützte Rechte oder Gebrauchsmuster betreffend Erfindungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Kernforschung, soweit die Erteilung dieser Lizenzen für die Fortführung ihrer eigenen Forschung notwendig oder für den Betrieb ihrer Anlagen unerläßlich ist.
Auf Antrag der Kommission wird mit diesen Lizenzen das Recht verbunden, die Befugnis zur Nutzung der Erfindung Dritten zuzusprechen, soweit sie Arbeiten oder Aufträge für die Gemeinschaft oder gemeinsame Unternehmen ausführen;
b) an Personen oder Unternehmen, die bei der Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt haben - für Patente, vorläufig geschützte Rechte oder Gebrauchsmuster, die eine Erfindung betreffen, welche mit der Entwicklung der Kernenergie innerhalb der Gemeinschaft unmittelbar zusammenhängt und hierfür von maßgeblicher Bedeutung ist, soweit alle nachstehend aufgeführten Bedingungen erfüllt sind:
i) daß nach Eingang der Patentanmeldung eine Frist von mindestens vier Jahren verstrichen ist, es sei denn, daß es sich um eine für das Kerngebiet eigentümliche Erfindung handelt;
ii) daß in einem Mitgliedstaat, in dem eine Erfindung geschützt ist, die Bedürfnisse der nach Ansicht der Kommission erwünschten Entwicklung der Kernenergie hinsichtlich dieser Erfindung nicht gedeckt sind;
iii) daß der Patentinhaber aufgefordert wurde, diese Bedürfnisse selbst oder durch seine Lizenznehmer zu decken, und dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist;
iv) daß die Personen und Unternehmen, welche die Lizenz beantragen, in der Lage sind, diese Bedürfnisse durch ihre Nutzung der Erfindung wirksam zu decken.
Die Mitgliedstaaten können zur Befriedigung der genannten Bedürfnisse ohne vorherigen Antrag der Kommission keine in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Zwangsmaßnahmen treffen, die den dieser Erfindung zustehenden Schutz einschränken.

(2) Eine nichtausschließliche Lizenz nach Maßgabe des Absatzes 1 kann nicht erteilt werden, wenn der Inhaber berechtigte Gründe, insbesondere den Umstand geltend macht, daß ihm keine angemessene Frist zur Verfügung stand.

(3) Die Gewährung einer Lizenz gemäß Absatz 1 berechtigt zu voller Entschädigung, deren Höhe zwischen dem Inhaber des Patents, des vorläufig geschützten Rechts oder Gebrauchsmusters einerseits und dem Lizenznehmer andererseits zu vereinbaren ist.

(4) Die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums wird durch diesen Artikel nicht berührt.

Artikel 18

Zu den in diesem Abschnitt vorgesehenen Zwecken wird ein Schiedsausschuß gebildet; der Rat bestellt die Mitglieder und legt die Geschäftsordnung dieses Ausschusses auf Vorschlag des Gerichtshofes fest.

Die Parteien können gegen die Entscheidung des Schiedsausschusses binnen einem Monat nach deren Zustellung beim Gerichtshof ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung einlegen. Die Nachprüfung des Gerichtshofes beschränkt sich auf die förmliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung und auf die Auslegung dieses Vertrages durch den Schiedsausschuß.

Die endgültigen Entscheidungen des Schiedsausschusses haben unter den Parteien Rechtskraft. Sie sind gemäß Artikel 164 vollstreckbar.

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurden im Artikel 18 Abs. 1 und 2 jeweils nach dem Wort "Gerichtshof" bzw. "Gerichtshofes" die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 19

Will die Kommission in Ermangelung einer gütlichen Einigung die Erteilung einer Lizenz gemäß Artikel 17 erwirken, so benachrichtigt sie den Inhaber des Patents, des vorläufig geschützten Rechts, des Gebrauchsmusters oder der Patentanmeldung und bezeichnet gleichzeitig den Lizenzantragsteller und den Umfang der Lizenz.

Artikel 20

Der Inhaber kann binnen einem Monat nach Eingang der in Artikel 19 bezeichneten Benachrichtigung der Kommission wie auch gegebenenfalls dem lizenzantragstellenden Dritten vorschlagen, einen Schiedsvertrag zu schließen, der die Zuständigkeit des Schiedsausschusses begründet.

Lehnt die Kommission oder der Lizenzantragsteller den Abschluß eines solchen Schiedsvertrags ab, so kann die Kommission den Mitgliedstaat oder seine zuständigen Stellen nicht ersuchen, die Lizenz zu erteilen oder erteilen zu lassen.

Stellt der aufgrund eines Schiedsvertrags angerufene Schiedsausschuß fest, daß das Ersuchen der Kommission den Bestimmungen des Artikels 17 entspricht, so erläßt er eine mit Gründen versehene Entscheidung, welche die Lizenzerteilung zugunsten des Lizenzantragstellers beinhaltet und in der die Bedingungen und die Vergütung für die Lizenz festgesetzt werden, soweit sich die Parteien hierüber nicht geeinigt haben.

Artikel 21

Schlägt der Inhaber nicht vor, den Schiedsausschuß anzurufen, so kann die Kommission den betreffenden Mitgliedstaat oder seine zuständigen Stellen ersuchen, die Lizenz zu erteilen oder erteilen zu lassen.

Sind der Mitgliedstaat - oder seine zuständigen Stellen - nach Anhörung des Inhabers der Auffassung, daß die Voraussetzungen des Artikels 17 nicht erfüllt sind, so teilen sie der Kommission mit, daß sie es ablehnen, die Lizenz zu erteilen oder erteilen zu lassen.

Lehnen sie es ab, die Lizenz zu erteilen oder erteilen zu lassen, oder äußern sie sich binnen vier Monaten nach dem Ersuchen nicht zur Frage der Lizenzerteilung, so kann die Kommission binnen zwei Monaten den Gerichtshof anrufen.

Der Inhaber wird in dem Verfahren vor dem Gerichtshof gehört.

Wird in dem Urteil des Gerichtshofes festgestellt, daß die Voraussetzungen des Artikels 17 erfüllt sind, so sind der betreffende Mitgliedstaat oder seine zuständigen Stellen verpflichtet, die zur Vollstreckung dieses Urteils erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurden im Artikel 21 Abs. 3 bis 5 jeweils nach dem Wort "Gerichtshof" bzw. "Gerichtshofes" die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 22

(1) Können sich der Inhaber des Patents, des vorläufig geschützten Rechts oder des Gebrauchsmusters und der Lizenznehmer über die Höhe der Entschädigung nicht einigen, so können die Beteiligten einen Schiedsvertrag schließen, der die Zuständigkeit des Schiedsausschusses begründet.

Die Parteien verzichten damit auf jede Klage; Artikel 18 bleibt unberührt.

(2) Lehnt der Lizenznehmer den Abschluß eines Schiedsvertrags ab, so gilt die Lizenzerteilung als nichtig.

Lehnt der Inhaber den Abschluß eines Schiedsvertrags ab, so wird die in diesem Artikel vorgesehene Entschädigung von den zuständigen innerstaatlichen Stellen festgesetzt.

Artikel 23

Nach Ablauf eines Jahres können die Entscheidungen des Schiedsausschusses oder der zuständigen innerstaatlichen Stellen hinsichtlich der Lizenzbedingungen überprüft werden, soweit neue Tatsachen dies rechtfertigen.

Die Überprüfung obliegt der Stelle, welche die Entscheidung erlassen hat.

Abschnitt 3
Bestimmungen über die Geheimhaltung

Artikel 24

Die von der Gemeinschaft in Durchführung ihres Forschungsprogramms erworbenen Kenntnisse, deren Preisgabe den Verteidigungsinteressen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten schaden kann, werden unter Geheimschutz gestellt; hierbei gelten folgende Bestimmungen:

1. Auf Vorschlag der Kommission beschließt der Rat eine Verschlußsachen-Verordnung, die unter Berücksichtigung dieses Artikels die verschiedenen zur Anwendung gelangenden Geheimschutzgrade und die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen festlegt.

2. Die Kommission stuft die Kenntnisse, deren Preisgabe nach ihrer Ansicht den Verteidigungsinteressen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten schaden kann, vorläufig in den hierfür in der Verschlußsachen-Verordnung vorgesehenen Geheimschutzgrad ein.

Sie teilt den Mitgliedstaaten diese Kenntnisse unverzüglich mit; diese stellen den Geheimschutz vorläufig in der gleichen Weise sicher.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission binnen drei Monaten mit, ob sie den vorläufig angewandten Geheimschutzgrad beibehalten, durch einen anderen ersetzen oder den Geheimschutz aufheben wollen.

Nach Ablauf dieser Frist gelangt der strengste der beantragten Geheimschutzgrade zur Anwendung. Die Kommission zeigt dies den Mitgliedstaaten an.

Auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaats kann der Rat jederzeit einstimmig die Anwendung eines anderen Geheimschutzgrads oder die Aufhebung des Geheimschutzes beschließen. Vor der Beschlußfassung über den Antrag eines Mitgliedstaats holt der Rat die Stellungnahme der Kommission ein.

3. Die Artikel 12 und 13 gelten nicht für die in einen Geheimschutzgrad eingestuften Kenntnisse.

Vorbehaltlich der Beachtung der anzuwendenden Sicherheitsmaßnahmen
a) kann die Kommission jedoch die in den Artikeln 12 und 13 bezeichneten Kenntnisse mitteilen:
i) einem gemeinsamen Unternehmen,
ii) einer Person oder einem nicht gemeinsamen Unternehmen durch Vermittlung des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebieten diese Person oder dieses Unternehmen tätig ist;
b) kann ein Mitgliedstaat die in Artikel 13 bezeichneten Kenntnisse einer Person oder einem nicht gemeinsamen Unternehmen, die in seinen Hoheitsgebieten tätig sind, mitteilen; die Mitteilung ist der Kommission anzuzeigen;
c) ist ferner jeder Mitgliedstaat berechtigt, von der Kommission für seine eigenen Bedürfnisse oder diejenigen einer Person oder eines Unternehmens, die in seinen Hoheitsgebieten tätig sind, die Erteilung einer Lizenz gemäß Artikel 12 zu verlangen.

Artikel 25

(1) Teilt ein Mitgliedstaat das Bestehen oder den Inhalt einer Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung mit, die einen in Artikel 16 Absatz 1 oder 2 bezeichneten Gegenstand betrifft, so weist er gegebenenfalls auf die Notwendigkeit hin, diese Anmeldung aus Verteidigungsgründen in den von ihm angegebenen Geheimschutzgrad einzustufen; hierbei teilt er die voraussichtliche Dauer des Geheimschutzes mit.

Die Kommission leitet alle Mitteilungen, die sie gemäß dem vorstehenden Unterabsatz erhält, an die anderen Mitgliedstaaten weiter. Die Kommission und die Mitgliedstaaten beachten die Vorkehrungen, welche der von dem Ursprungsstaat verlangte Geheimschutzgrad nach der Verschlußsachen-Verordnung erfordert.

(2) Die Kommission kann diese Mitteilungen ferner an die gemeinsamen Unternehmen oder durch Vermittlung eines Mitgliedstaats an eine Person oder ein nicht gemeinsames Unternehmen weiterleiten, die in den Hoheitsgebieten dieses Staates tätig sind.

Die Erfindungen, die Gegenstand der in Absatz 1 genannten Anmeldungen sind, können nur mit Zustimmung des Anmelders oder nach Maßgabe der Artikel 17 bis 23 genutzt werden.

Die Mitteilungen und gegebenenfalls die Nutzung nach Maßgabe des vorliegenden Absatzes unterliegen den Maßnahmen, die der von dem Ursprungsstaat verlangte Geheimschutzgrad gemäß der Verschlußsachen-Verordnung erfordert.

Die Mitteilungen bedürfen in allen Fällen der Zustimmung des Ursprungsstaats. Die Mitteilung und die Nutzung können nur aus Verteidigungsgründen verweigert werden.

(3) Der Rat kann jederzeit auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaats einstimmig die Anwendung eines anderen Geheimschutzgrads oder die Aufhebung des Geheimschutzes beschließen. Vor der Beschlußfassung über den Antrag eines Mitgliedstaats holt der Rat die Stellungnahme der Kommission ein.

Artikel 26

(1) Werden Kenntnisse, die Gegenstand von Patenten, Patentanmeldungen, vorläufig geschützten Rechten, Gebrauchsmustern oder Gebrauchsmusteranmeldungen sind, nach Maßgabe der Artikel 24 und 25 unter Geheimschutz gestellt, so können Staaten, welche die Anwendung des Geheimschutzes beantragt haben, die Genehmigung zu entsprechenden Anmeldungen in den anderen Mitgliedstaaten nicht verweigern.

Jeder Mitgliedstaat trifft die notwendigen Maßnahmen, damit derartige Rechte und Anmeldungen nach dem in seinen innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Verfahren weiterhin unter Geheimschutz bleiben.

(2) Die gemäß Artikel 24 unter Geheimschutz gestellten Kenntnisse können nur mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten Gegenstand von Anmeldungen außerhalb dieser Staaten werden. Nehmen diese Staaten nicht Stellung, so gilt die Zustimmung nach Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Kommission den Mitgliedstaaten diese Kenntnisse übermittelt hat, als erteilt.

Artikel 27

Der Ersatz des Schadens, der dem Anmelder durch die Stellung unter Geheimschutz aus Verteidigungsgründen erwächst, unterliegt den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten; er fällt dem Staat zur Last, der die Stellung unter Geheimschutz beantragt oder entweder eine Verschärfung oder eine Verlängerung des Geheimschutzes oder das Verbot der Anmeldung außerhalb der Gemeinschaft erwirkt hat.

Haben mehrere Mitgliedstaaten eine Verschärfung oder Verlängerung des Geheimschutzes oder das Verbot der Anmeldung außerhalb der Gemeinschaft erwirkt, so haben sie für den aus ihrem Antrag erwachsenen Schaden gesamtschuldnerisch aufzukommen.

Die Gemeinschaft kann keine Schadensersatzansprüche aufgrund dieses Artikels geltend machen.

Abschnitt 4
Besondere Bestimmungen

Artikel 28

Werden Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen, die noch nicht veröffentlicht sind, oder Patente oder Gebrauchsmuster, die aus Verteidigungsgründen geheimgehalten werden, infolge ihrer Mitteilung an die Kommission unbefugt genutzt oder einem Unbefugten bekannt, so ersetzt die Gemeinschaft dem Berechtigten den hieraus entstehenden Schaden.

Der Schadensersatzanspruch der Berechtigten gegen Dritte geht unbeschadet der eigenen Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Urheber des Schadens auf die Gemeinschaft über, soweit sie diesen ersetzt. Das Recht der Gemeinschaft, gegen den Urheber des Schadens nach den geltenden allgemeinen Vorschriften vorzugehen, bleibt unberührt.

Artikel 29

Alle Abkommen oder Verträge über den Austausch von wissenschaftlichen oder gewerblichen Kenntnissen auf dem Kerngebiet zwischen einem Mitgliedstaat oder einer Person oder einem Unternehmen einerseits und einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates andererseits sind von der Kommission zu schließen, falls sie bei einer Partei die Unterzeichnung durch einen Staat in Ausübung seiner Hoheitsrechte erfordern.

Die Kommission kann jedoch einen Mitgliedstaat oder eine Person oder ein Unternehmen ermächtigen, derartige Abkommen unter den von ihr als angemessen erachteten Voraussetzungen vorbehaltlich der Artikel 103 und 104 selbst zu schließen.

KAPITEL 3
DER GESUNDHEITSSCHUTZ

Artikel 30

In der Gemeinschaft werden Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen festgesetzt.

Unter Grundnormen sind zu verstehen:
a) die zulässigen Höchstdosen, die ausreichende Sicherheit gewähren,
b) die Höchstgrenze für die Aussetzung gegenüber schädlichen Einflüssen und für schädlichen Befall,
c) die Grundsätze für die ärztliche Überwachung der Arbeitskräfte.

Artikel 31

Die Grundnormen werden von der Kommission nach Stellungnahme einer Gruppe von Persönlichkeiten ausgearbeitet, die der Ausschuß für Wissenschaft und Technik aus wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten, insbesondere aus Sachverständigen für Volksgesundheit, ernennt. Die Kommission holt zu den in dieser Weise ausgearbeiteten Grundnormen die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ein.

Nach Anhörung der Versammlung legt der Rat die Grundnormen auf Vorschlag der Kommission, die ihm die von ihr eingeholten Stellungnahmen der Ausschüsse zuleitet, mit qualifizierter Mehrheit fest.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

Artikel 32

Die Grundnormen können auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Artikels 31 überprüft oder ergänzt werden.

Die Kommission hat jeden von einem Mitgliedstaat gestellten Antrag zu prüfen.

Artikel 33

Jeder Mitgliedstaat erläßt die geeigneten Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um die Beachtung der festgesetzten Grundnormen sicherzustellen, und trifft die für den Unterricht, die Erziehung und Berufsausbildung erforderlichen Maßnahmen.

Die Kommission erläßt die geeigneten Empfehlungen, um die auf diesem Gebiet in den Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen miteinander in Einklang zu bringen.

Zu diesem Zweck haben die Mitgliedstaaten der Kommission diese Bestimmungen nach dem Stande im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags sowie die späteren Entwürfe gleichartiger Bestimmungen bekanntzugeben.

Etwaige Empfehlungen der Kommission zu diesen Entwürfen sind innerhalb von drei Monaten nach deren Mitteilung zu erlassen.

Artikel 34

Jeder Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebieten besonders gefährliche Versuche stattfinden sollen, ist verpflichtet, zusätzliche Vorkehrungen für den Gesundheitsschutz zu treffen; er hat hierzu vorher die Stellungnahme der Kommission einzuholen.

Besteht die Möglichkeit, daß sich die Auswirkungen der Versuche auf die Hoheitsgebiete anderer Mitgliedstaaten erstrecken, so ist die Zustimmung der Kommission erforderlich.

Artikel 35

Jeder Mitgliedstaat schafft die notwendigen Einrichtungen zur ständigen Überwachung des Gehalts der Luft, des Wassers und des Bodens an Radioaktivität sowie zur Überwachung der Einhaltung der Grundnormen.

Die Kommission hat Zugang zu diesen Überwachungseinrichtungen; sie kann ihre Arbeitsweise und Wirksamkeit nachprüfen.

Artikel 36

Die Auskünfte über die in Artikel 35 genannten Überwachungsmaßnahmen sind der Kommission von den zuständigen Behörden regelmäßig zu übermitteln, damit die Kommission ständig über den Gehalt an Radioaktivität unterrichtet ist, dem die Bevölkerung ausgesetzt ist.

Artikel 37

Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, der Kommission über jeden Plan zur Ableitung radioaktiver Stoffe aller Art die allgemeinen Angaben zu übermitteln, aufgrund deren festgestellt werden kann, ob die Durchführung dieses Plans eine radioaktive Verseuchung des Wassers, des Bodens oder des Luftraums eines anderen Mitgliedstaats verursachen kann.

Die Kommission gibt nach Anhörung der in Artikel 31 genannten Sachverständigengruppe innerhalb einer Frist von sechs Monaten ihre Stellungnahme ab.

Artikel 38

Die Kommission richtet an die Mitgliedstaaten Empfehlungen über den radioaktiven Gehalt der Luft, des Wassers und des Bodens.

In dringenden Fällen erläßt die Kommission eine Richtlinie, mit der sie dem betreffenden Mitgliedstaat aufgibt, innerhalb einer von ihr festgesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine Überschreitung der Grundnormen zu vermeiden und die Beachtung dieser Vorschriften zu gewährleisten.

Kommt der Staat innerhalb der festgesetzten Frist der Richtlinie der Kommission nicht nach, so kann diese oder jeder beteiligte Mitgliedstaat in Abweichung von den Artikeln 141 und 142 unmittelbar den Gerichtshof anrufen.

Durch Artikel 7 Abs. 1 (in Verbindung mit Artikel 5 des Vertrags) und 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 38 Abs. 3 wie folgt geändert:
- der Verweis "von den Artikeln 141 und 142" wurde ersetzt durch: "von den Artikeln 258 und 259 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union"
- das Wort "Gerichtshof" wurde ersetzt durch: "Gerichtshof der Europäischen Union".

Artikel 39

Die Kommission errichtet im Rahmen der Gemeinsamen Kernforschungsstelle unmittelbar nach deren Gründung eine Studien- und Dokumentationsabteilung für Fragen des Gesundheitsschutzes.

Die Aufgabe dieser Abteilung besteht vor allem darin, die in den Artikeln 33, 36 und 37 genannten Unterlagen und Auskünfte zusammenzustellen und die Kommission bei der Erfüllung der ihr durch dieses Kapitel übertragenen Aufgaben zu unterstützen.

Durch das Berichtigungsprotokoll vom 26. Juli 1999 wurden anstelle der Worte "in den Artikeln 33, 37 und 38" die Worte "die in den Artikeln 33, 36 und 37" gesetzt.

KAPITEL 4
INVESTITIONEN

Artikel 40

Um die Initiative der Personen und Unternehmen anzuregen und eine abgestimmte Entwicklung ihrer Investitionen auf dem Kerngebiet zu erleichtern, veröffentlicht die Kommission in regelmäßigen Abständen hinweisende Programme, insbesondere hinsichtlich der Ziele für die Erzeugung von Kernenergie und der im Hinblick hierauf erforderlichen Investitionen aller Art.

Vor der Veröffentlichung holt die Kommission die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu diesen Programmen ein.

Artikel 41

Personen und Unternehmen, die zu den in Anhang II dieses Vertrags genannten Industriezweigen gehören, haben der Kommission Investitionsvorhaben für neue Anlagen sowie für Ersatzanlagen oder Umstellungen anzuzeigen; Art und Umfang der anzuzeigenden Vorhaben bestimmen sich nach Merkmalen, die der Rat auf Vorschlag der Kommission festlegt.

Die Liste der vorgenannten Industriezweige kann vom Rat auf Vorschlag der Kommission, die zuvor die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses einholt, mit qualifizierter Mehrheit geändert werden.

Artikel 42

Die in Artikel 41 bezeichneten Vorhaben sind der Kommission sowie zur Unterrichtung dem betreffenden Mitgliedstaat spätestens drei Monate vor Abschluß der ersten Lieferverträge oder, falls die Arbeiten mit Eigenmitteln des Unternehmens durchgeführt werden sollen, spätestens drei Monate vor Beginn der Arbeiten mitzuteilen.

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission eine Änderung dieser Frist beschließen.

Artikel 43

Die Kommission erörtert mit den Personen oder Unternehmen alle Gesichtspunkte der Investitionsvorhaben, die mit den Zielen dieses Vertrags in Zusammenhang stehen.

Sie teilt ihre Auffassung dem betreffenden Mitgliedstaat mit.

Artikel 44

Die Kommission kann die ihr mitgeteilten Investitionsvorhaben mit Zustimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen veröffentlichen.

KAPITEL 5
GEMEINSAME UNTERNEHMEN

Artikel 45

Unternehmen, die für die Entwicklung der Kernindustrie in der Gemeinschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind, können als gemeinsame Unternehmen im Sinne dieses Vertrags nach Maßgabe der folgenden Artikel errichtet werden.

Artikel 46

(1) Jeder Plan zur Errichtung eines gemeinsamen Unternehmens, der von der Kommission, einem Mitgliedstaat oder einer anderen Seite ausgeht, wird von der Kommission geprüft.

Hierzu holt die Kommission die Stellungnahme der Mitgliedstaaten sowie aller öffentlichen oder privaten Stellen ein, die nach ihrer Auffassung in der Lage sind, ihr Aufschlüsse zu erteilen.

(2) Die Kommission übermittelt dem Rat jeden Plan zur Errichtung eines gemeinsamen Unternehmens mit ihrer begründeten Stellungnahme.

Bejaht sie die Notwendigkeit des geplanten gemeinsamen Unternehmens, so unterbreitet sie dem Rat Vorschläge über
a) den Standort,
b) die Satzung,
c) den Umfang und die Zeitfolge der Finanzierung,
d) die etwaige Beteiligung der Gemeinschaft an der Finanzierung des gemeinsamen Unternehmens,
e) die etwaige Beteiligung eines dritten Staates, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder eines Angehörigen eines dritten Staates an der Finanzierung oder Geschäftsführung des gemeinsamen Unternehmens,
f) die vollständige oder teilweise Gewährung der in Anhang III dieses Vertrags genannten Vergünstigungen.

Sie fügt einen eingehenden Bericht über den gesamten Plan bei.

Artikel 47

Hat die Kommission sich in dieser Weise an den Rat gewandt, so kann er sie um zusätzliche Auskünfte und Prüfungen ersuchen, soweit er diese als notwendig erachtet.

Ist der Rat mit qualifizierter Mehrheit der Auffassung, daß ein von der Kommission mit ablehnender Stellungnahme übermittelter Plan trotzdem durchzuführen ist, so hat die Kommission ihm die Vorschläge und den eingehenden Bericht gemäß Artikel 46 vorzulegen.

Im Fall einer günstigen Stellungnahme der Kommission oder im Fall des vorstehenden Unterabsatzes beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit über jeden Vorschlag der Kommission.

Jedoch ist Einstimmigkeit erforderlich hinsichtlich
a) der Beteiligung der Gemeinschaft an der Finanzierung des gemeinsamen Unternehmens;
b) der Beteiligung eines dritten Staates, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder eines Angehörigen eines dritten Staates an der Finanzierung oder Geschäftsführung des gemeinsamen Unternehmens.

Artikel 48

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission durch einstimmigen Beschluß die in Anhang III dieses Vertrags genannten Vergünstigungen auf jedes gemeinsame Unternehmen ganz oder teilweise in Anwendung bringen; jeder Mitgliedstaat ist alsdann in seinem Bereich zu deren Gewährung verpflichtet.

Der Rat kann nach demselben Verfahren die Bedingungen für die Gewährung dieser Vergünstigungen festlegen.

Artikel 49

Die Errichtung eines gemeinsamen Unternehmens erfolgt durch Entscheidung des Rates.

Jedes gemeinsame Unternehmen hat Rechtspersönlichkeit.

Es hat in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die das jeweilige innerstaatliche Recht juristischen Personen zuerkennt; es kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben oder veräußern sowie klagen und verklagt werden.

Soweit die Bestimmungen dieses Vertrags oder seine Satzung nichts anderes vorsehen, unterliegt jedes gemeinsame Unternehmen den für gewerbliche oder kaufmännische Unternehmen geltenden Vorschriften; die Satzung kann hilfsweise auf das innerstaatliche Recht der Mitgliedstaaten Bezug nehmen.

Soweit nicht nach den Bestimmungen dieses Vertrags der Gerichtshof zuständig ist, werden Streitigkeiten, bei denen gemeinsame Unternehmen beteiligt sind, durch die zuständigen innerstaatlichen Rechtsprechungsorgane entschieden.

Durch Artikel 1 Abs. 2 und Artikel 7 Abs. 2 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 49 wie folgt geändert:
- im Abs. 1 wurde das Wort "Entscheidung" ersetzt durch: "Beschluss".
- im Abs. 5 wurde das Wort "Gerichtshof" wurde ersetzt durch: "Gerichtshof der Europäischen Union".

Artikel 50

Die Satzungen der gemeinsamen Unternehmen werden gegebenenfalls nach den darin vorgesehenen besonderen Vorschriften geändert.

Diese Änderungen können jedoch erst in Kraft treten, nachdem sie auf Vorschlag der Kommission durch den Rat nach Maßgabe des Artikels 47 gebilligt worden sind.

Artikel 51

Solange die mit dem Betrieb der gemeinsamen Unternehmen betrauten Organe noch nicht eingesetzt sind, sorgt die Kommission für die Durchführung der Entscheidungen des Rates über die Errichtung dieser Unternehmen.

Durch Artikel 1 Abs. 2 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde im Artikel 51 das Wort "Entscheidungen" ersetzt durch: "Beschlüsse".

KAPITEL 6
VERSORGUNG

Artikel 52

(1) Die Versorgung mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen wird gemäß den Bestimmungen dieses Kapitels nach dem Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Versorgungsquellen durch eine gemeinsame Versorgungspolitik sichergestellt.

(2) Zu diesem Zweck und nach Maßgabe dieses Kapitels
a) ist jedes Gebaren verboten, das darauf abzielt, einzelnen Verbrauchern eine bevorzugte Stellung zu sichern,
b) wird eine Agentur geschaffen, die über ein Bezugsrecht für Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe, die im Gebiet der Mitgliedstaaten erzeugt werden, sowie über das ausschließliche Recht verfügt, Verträge über die Lieferung von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus Ländern innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft abzuschließen.

Die Agentur darf die Verbraucher nicht aufgrund der von ihnen beabsichtigten Verwendung der beantragten Lieferungen irgendwie unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß diese Verwendung unzulässig ist oder daß sie den Bedingungen widerspricht, von denen die nicht der Gemeinschaft angehörenden Lieferer die Lieferung abhängig gemacht haben.

Abschnitt 1
Die Agentur

Artikel 53

Die Agentur steht unter der Aufsicht der Kommission; diese erteilt ihr Richtlinien, hat gegen ihre Entscheidungen ein Einspruchsrecht und ernennt ihren Generaldirektor sowie ihren stellvertretenden Generaldirektor.

Jede ausdrückliche oder stillschweigende Handlung der Agentur bei Ausübung ihres Bezugsrechts oder ihres ausschließlichen Rechts zum Abschluß von Lieferverträgen kann durch die Beteiligten der Kommission unterbreitet werden, die hierüber innerhalb eines Monats zu entscheiden hat.

Durch Artikel 1 Abs. 2 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde im Artikel 53 Absatz 2 das Wort "entscheiden" ersetzt durch: "beschließen".

Artikel 54

Die Agentur hat Rechtspersönlichkeit und genießt finanzielle Autonomie.

Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit die Satzung der Agentur fest.

Die Satzung kann in derselben Weise geändert werden.

Sie bestimmt das Kapital der Agentur und die Art und Weise, in der es aufgebracht wird. Die Mehrheit des Kapitals muß in jedem Falle der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten gehören. Die Aufteilung des Kapitals wird von den Mitgliedstaaten im gemeinsamen Einvernehmen beschlossen.

Die Satzung legt die Art und Weise der kaufmännischen Geschäftsführung der Agentur fest. Sie kann zur Deckung der Betriebskosten der Agentur die Erhebung einer Abgabe auf die Umsätze vorsehen.

Artikel 55

Die Mitgliedstaaten erteilen der Agentur alle Auskünfte oder lassen ihr alle Auskünfte erteilen, die zur Ausübung ihres Bezugsrechts und ihres ausschließlichen Rechts zum Abschluß von Lieferverträgen erforderlich sind.

Artikel 56

Die Mitgliedstaaten gewährleisten die freie Ausübung der Tätigkeit der Agentur in ihren Hoheitsgebieten.

Sie können das Organ oder die Organe einsetzen, die zur Vertretung der Erzeuger und Verbraucher aus den ihnen unterstehenden außereuropäischen Hoheitsgebieten in den Beziehungen zur Agentur zuständig sind.

Abschnitt 2
Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe aus dem Aufkommen der Gemeinschaft

Artikel 57

(1) Das Bezugsrecht der Agentur erstreckt sich
a) auf den Erwerb der Rechte zur Nutzung und zum Verbrauch der Stoffe, die aufgrund der Bestimmungen des Kapitels 8 Eigentum der Gemeinschaft sind;
b) auf den Erwerb des Eigentumsrechts in allen anderen Fällen.

(2) Die Agentur übt ihr Bezugsrecht durch den Abschluß von Verträgen mit den Erzeugern von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus.

Vorbehaltlich der Artikel 58, 62 und 63 ist jeder Erzeuger verpflichtet, der Agentur die von ihm in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten erzeugten Erze, Ausgangsstoffe oder besonderen spaltbaren Stoffe vor ihrer Verwendung, Übertragung oder Lagerung anzubieten.

Artikel 58

Erstreckt sich die Tätigkeit eines Erzeugers auf mehrere Produktionsstufen, beginnend mit der Gewinnung des Erzes bis zur Herstellung des Metalls einschließlich, so ist er nur verpflichtet, der Agentur das Erzeugnis in der von ihm gewählten Produktionsstufe anzubieten.

Das gleiche gilt für mehrere Unternehmen, zwischen denen Verbindungen bestehen, die der Kommission rechtzeitig mitgeteilt und mit ihr nach dem in den Artikeln 43 und 44 vorgesehenen Verfahren erörtert worden sind.

Artikel 59

Übt die Agentur ihr Bezugsrecht entweder auf die gesamte Produktion oder auf einen Teil der Produktion nicht aus, so
a) kann der Erzeuger die Erze, Ausgangsstoffe oder besonderen spaltbaren Stoffe entweder mit eigenen Mitteln oder im Wege von Lohnveredelungsverträgen unter dem Vorbehalt verarbeiten oder verarbeiten lassen, daß er der Agentur das bei dieser Verarbeitung gewonnene Erzeugnis anbietet,
b) wird der Erzeuger durch Entscheidung der Kommission ermächtigt, die verfügbaren Erzeugnisse außerhalb der Gemeinschaft unter dem Vorbehalt abzusetzen, daß er hierbei keine günstigeren Bedingungen gewährt, als sie in dem der Agentur vorher unterbreiteten Angebot enthalten waren. Besondere spaltbare Stoffe können jedoch nur durch die Agentur gemäß Artikel 62 ausgeführt werden.

Die Kommission kann die Ermächtigung nicht erteilen, wenn die Empfänger dieser Lieferungen nicht alle Garantien dafür bieten, daß die allgemeinen Interessen der Gemeinschaft gewahrt werden, oder wenn die Klauseln und Bedingungen dieser Verträge den Zielen dieses Vertrags zuwiderlaufen.

Durch Artikel 1 Abs. 2 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde im Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b das Wort "Entscheidung" ersetzt durch: "Beschluss".

Artikel 60

Die Verbraucher teilen der Agentur in regelmäßigen Abständen ihren Bedarf mit; sie geben dabei die Mengen, die physikalische und chemische Beschaffenheit, den Herkunftsort, die Verwendung, die einzelnen Lieferfristen und die Preisbestimmungen an, die als Klauseln und Bedingungen in den von ihnen gewünschten Liefervertrag aufzunehmen wären.

Ebenso teilen die Erzeuger der Agentur die Angebote, die sie machen können, mit; sie geben dabei alle Einzelheiten, insbesondere die Laufzeit der Verträge, an, die für die Aufstellung ihrer Produktionsprogramme erforderlich sind. Die Laufzeit dieser Verträge darf zehn Jahre nicht überschreiten, es sei denn, daß die Kommission zustimmt.

Die Agentur teilt den Verbrauchern die Angebote und den Umfang der bei ihr eingegangenen Nachfragen mit und fordert sie auf, innerhalb einer bestimmten Frist Aufträge zu erteilen.

Ist die Agentur im Besitz aller Aufträge, so teilt sie die Bedingungen mit, unter denen sie diese ausführen kann.

Kann die Agentur nicht alle eingegangenen Aufträge vollständig ausführen, so verteilt sie die Stoffe nach dem Verhältnis der Aufträge zu jedem Angebot, vorbehaltlich der Artikel 68 und 69.

Eine Vollzugsordnung der Agentur, die der Billigung der Kommission bedarf, regelt im einzelnen, wie Angebote und Nachfragen einander gegenüberzustellen sind.

Artikel 61

Die Agentur ist verpflichtet, alle Aufträge auszuführen, es sei denn, daß rechtliche oder sachliche Hindernisse ihrer Ausführung entgegenstehen.

Bei Abschluß eines Vertrags kann sie unter Beachtung der Vorschriften des Artikels 52 von den Verbrauchern angemessene Vorauszahlungen als Garantie oder zur Erleichterung ihrer eigenen, zur Ausführung des Auftrags erforderlichen langfristigen Verpflichtungen gegenüber den Erzeugern verlangen.

Artikel 62

(1) Die Agentur übt ihr Bezugsrecht auf die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten erzeugten besonderen spaltbaren Stoffe zu folgenden Zwecken aus:
a) um die Nachfrage der Verbraucher der Gemeinschaft nach Maßgabe des Artikels 60 zu decken,
b) um diese Stoffe selbst zu lagern oder
c) um sie mit Genehmigung der Kommission, die hierbei Artikel 59 Buchstabe b Unterabsatz 2 beachtet, auszuführen.

(2) Jedoch sind diese Stoffe und die zur Aufarbeitung geeigneten Rückstände zu folgenden Zwecken dem Erzeuger zu belassen:
a) um mit Genehmigung der Agentur gelagert zu werden,
b) um im Rahmen des eigenen Bedarfs des Erzeugers verwendet zu werden oder
c) um Unternehmen im Gebiet der Gemeinschaft im Rahmen ihres Bedarfs zur Verfügung gestellt zu werden, soweit diese mit dem Erzeuger zur Durchführung eines der Kommission rechtzeitig mitgeteilten Programms in unmittelbarer Verbindung stehen; Voraussetzung ist, daß die Verbindung weder eine Beschränkung der Produktion, der technischen Entwicklung oder der Investitionen noch die mißbräuchliche Schaffung von Ungleichheiten zwischen den Verbrauchern der Gemeinschaft bezweckt oder bewirkt.

Die Anwendung der Vorschriften des Kapitels 7 wird hierdurch nicht berührt.

(3) Auf die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten erzeugten besonderen spaltbaren Stoffe, bezüglich derer die Agentur ihr Bezugsrecht nicht ausgeübt hat, findet Artikel 89 Absatz 1 Buchstabe a Anwendung.

Artikel 63

Die Erze, Ausgangsstoffe oder besonderen spaltbaren Stoffe, die von den gemeinsamen Unternehmen erzeugt werden, werden den Verbrauchern nach den satzungsmäßigen oder vertragsmäßigen Bestimmungen dieser Unternehmen zugeteilt.

Abschnitt 3
Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe aus dem Aufkommen außerhalb der Gemeinschaft

Artikel 64

Die Agentur hat, soweit nicht in diesem Vertrag Ausnahmen vorgesehen sind, das ausschließliche Recht, Abkommen oder Übereinkünfte mit dem Hauptzweck der Lieferung von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus dem Aufkommen außerhalb der Gemeinschaft abzuschließen; sie wird dabei gegebenenfalls im Rahmen der zwischen der Gemeinschaft und einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung abgeschlossenen Abkommen tätig.

Artikel 65

Artikel 60 findet auf die Nachfragen der Verbraucher und die Verträge zwischen den Verbrauchern und der Agentur Anwendung, soweit es sich um die Lieferung von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus dem Aufkommen außerhalb der Gemeinschaft handelt.

Die Agentur kann jedoch den Herkunftsort der Stoffe bestimmen, soweit sie dem Verbraucher Lieferungsbedingungen zukommen läßt, die mindestens ebenso günstig sind wie die in dem Auftrag angegebenen.

Artikel 66

Stellt die Kommission auf Antrag der beteiligten Verbraucher fest, daß die Agentur nicht oder nur zu mißbräuchlichen Preisen in der Lage ist, die bestellten Stoffe ganz oder zum Teil innerhalb einer angemessenen Frist zu liefern, so sind die Verbraucher berechtigt, unmittelbar Verträge über Lieferungen aus dem Aufkommen außerhalb der Gemeinschaft zu schließen, soweit die Verträge in den wesentlichen Punkten dem in ihrer Bestellung angegebenen Bedarf entsprechen.

Dieses Recht wird auf ein Jahr gewährt; es kann verlängert werden, wenn die Lage, die seine Gewährung gerechtfertigt hat, fortdauert.

Die Verbraucher, die von diesem Recht Gebrauch machen, haben der Kommission die beabsichtigten unmittelbaren Verträge mitzuteilen. Die Kommission kann innerhalb eines Monats gegen den Abschluß dieser Verträge Einspruch erheben, wenn sie den Zielen dieses Vertrags zuwiderlaufen.

Abschnitt 4
Preise

Artikel 67

Soweit in diesem Vertrag keine Ausnahmen vorgesehen sind, ergeben sich die Preise aus der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage nach Maßgabe des Artikels 60; widersprechende innerstaatliche Vorschriften der Mitgliedstaaten sind unzulässig.

Artikel 68

Verboten ist ein Preisgebaren, das darauf abzielt, einzelnen Verbrauchern unter Umgehung des Grundsatzes des gleichen Zugangs, der sich aus diesem Kapitel ergibt, eine bevorzugte Stellung zu verschaffen.

Stellt die Agentur ein derartiges Gebaren fest, so zeigt sie es der Kommission an.

Erachtet die Kommission die Feststellung für begründet, so kann sie für die strittigen Angebote die Preise in einer Höhe neu festsetzen, die dem Grundsatz des gleichen Zugangs entspricht.

Artikel 69

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission durch einstimmigen Beschluß Preise festsetzen.

Die Agentur kann, wenn sie gemäß Artikel 60 die Bedingungen für die Ausführung der Aufträge festlegt, den Verbrauchern, die Aufträge erteilt haben, einen Preisausgleich vorschlagen.

Abschnitt 5
Bestimmungen über die Versorgungspolitik

Artikel 70

Die Kommission kann sich im Rahmen des Haushaltsplans der Gemeinschaft finanziell unter den von ihr festgelegten Bedingungen an Schürfungsvorhaben in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten beteiligen.

Die Kommission kann an die Mitgliedstaaten Empfehlungen für die Entwicklung der Schürfung und der Erzgewinnung richten.

Die Mitgliedstaaten haben der Kommission jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Schürfung und der Erzeugung, die voraussichtlichen Reserven und die in ihren Hoheitsgebieten durchgeführten oder geplanten Investitionen im Bergbau vorzulegen. Die Berichte werden dem Rat mit der Stellungnahme der Kommission vorgelegt; diese Stellungnahme hat insbesondere auf die Maßnahmen einzugehen, welche die Mitgliedstaaten auf die gemäß vorstehendem Absatz ausgesprochenen Empfehlungen getroffen haben.

Stellt der Rat, nachdem die Kommission ihn angerufen hat, mit qualifizierter Mehrheit fest, daß die Schürfungsmaßnahmen und die Steigerung der Erzgewinnung in erheblichem Maße unzureichend bleiben, obwohl Erzeugungsmöglichkeiten wirtschaftlich auf lange Sicht gerechtfertigt erscheinen, so wird unterstellt, daß der betreffende Mitgliedstaat, solange er diese Lage nicht behebt, für sich und für seine Staatsangehörigen auf das Recht des gleichen Zugangs zu dem sonstigen Aufkommen innerhalb der Gemeinschaft verzichtet.

Artikel 71

Die Kommission richtet an die Mitgliedstaaten sachdienliche Empfehlungen über steuer- oder bergrechtliche Regelungen.

Artikel 72

Die Agentur kann aus den innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Mengen die notwendigen Handelsbestände anlegen, um die Versorgung oder die laufenden Lieferungen der Gemeinschaft zu erleichtern.

Die Kommission kann gegebenenfalls die Einrichtung von Sicherheitsbeständen beschließen. Die Art und Weise der Finanzierung dieser Bestände wird vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit gebilligt.

Abschnitt 6
Besondere Vorschriften

Artikel 73

Umfaßt ein Abkommen oder eine Vereinbarung zwischen einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen einerseits und einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates andererseits auch die Lieferung von Erzeugnissen, die in die Zuständigkeit der Agentur fallen, so ist zum Abschluß oder zur Erneuerung des Abkommens oder der Vereinbarung die vorherige Zustimmung der Kommission erforderlich, soweit es sich um die Lieferung dieser Erzeugnisse handelt.

Artikel 74

Die Kommission kann die Übertragung, die Einfuhr oder die Ausfuhr kleiner Mengen von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen in dem Maße, wie sie üblicherweise für die Forschung benutzt werden, von den Vorschriften dieses Kapitels ausnehmen.

Jede Übertragung, Einfuhr oder Ausfuhr aufgrund dieser Bestimmung ist der Agentur anzuzeigen.

Artikel 75

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden keine Anwendung auf Verpflichtungen, welche die Aufbereitung, Umwandlung oder Formung von Erzen, Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen zum Gegenstand haben

a) bei Verpflichtungen zwischen Personen oder Unternehmen untereinander - falls die aufbereiteten, umgewandelten oder geformten Stoffe an die Person oder das Unternehmen, von denen sie stammen, zurückgegeben werden müssen;

b) bei Verpflichtungen zwischen einer Person oder einem Unternehmen einerseits und einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates andererseits - falls die Stoffe außerhalb der Gemeinschaft aufbereitet, umgewandelt oder geformt werden und an die Person oder das Unternehmen, von denen sie stammen, zurückgegeben werden;

c) bei Verpflichtungen zwischen einer Person oder einem Unternehmen einerseits und einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates andererseits - falls die Stoffe in der Gemeinschaft aufbereitet, umgewandelt oder geformt werden und an die Einrichtung oder den Staatsangehörigen, von denen sie stammen, oder an einen anderen von dieser Einrichtung oder diesem Staatsangehörigen bestimmten Empfänger, der seinen Sitz ebenfalls außerhalb der Gemeinschaft hat, zurückgegeben werden.

Die beteiligten Personen oder Unternehmen müssen jedoch der Agentur das Bestehen derartiger Verpflichtungen und sofort nach Unterzeichnung der Verträge die Mengen der Stoffe anzeigen, die Gegenstand dieser Umsätze sind. Den unter b genannten Verpflichtungen kann die Kommission widersprechen, wenn sie der Auffassung ist, daß die Umwandlung oder Formung nicht wirksam und sicher und ohne Substanzverlust zum Nachteil der Gemeinschaft gewährleistet werden kann.

Die Stoffe, die Gegenstand dieser Verpflichtungen sind, unterliegen in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten den in Kapitel 7 vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen. Die Bestimmungen des Kapitels 8 finden jedoch keine Anwendung auf die besonderen spaltbaren Stoffe, die Gegenstand von Verpflichtungen nach Buchstabe c sind.

Artikel 76

Die Vorschriften dieses Kapitels können, insbesondere falls unvorhergesehene Umstände eine allgemeine Mangellage hervorrufen, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung durch einstimmigen Beschluß des Rates geändert werden; die Veranlassung dazu kann von einem Mitgliedstaat oder von der Kommission ausgehen. Die Kommission hat jeden Antrag eines Mitgliedstaats zu untersuchen.

Nach Ablauf von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags kann der Rat diese Bestimmungen in ihrer Gesamtheit bestätigen. Bestätigt er sie nicht, so werden nach dem im vorstehenden Absatz bestimmten Verfahren neue Vorschriften über den Gegenstand dieses Kapitels erlassen.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

Durch den Artikel 8 Ziffer 1 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurden in Artikel 76 Absatz 2 die Worte "Nach Ablauf von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags" ersetzt durch: "Nach Ablauf von sieben Jahren ab dem 1. Januar 1958".

KAPITEL 7
ÜBERWACHUNG DER SICHERHEIT

Artikel 77

Die Kommission hat sich nach Maßgabe dieses Kapitels in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten zu vergewissern, daß

a) die Erze, die Ausgangsstoffe und besonderen spaltbaren Stoffe nicht zu anderen als den von ihren Benutzern angegebenen Zwecken verwendet werden,

b) die Vorschriften über die Versorgung und alle besonderen Kontrollverpflichtungen geachtet werden, welche die Gemeinschaft in einem Abkommen mit einem dritten Staat oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung übernommen hat.

Artikel 78

Wer eine Anlage zur Erzeugung, Trennung oder sonstigen Verwendung von Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen oder zur Aufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet oder betreibt, hat der Kommission die grundlegenden technischen Merkmale der Anlage anzugeben, soweit deren Kenntnis für die Zwecke des Artikels 77 erforderlich ist.

Die Verfahren für die chemische Aufbereitung bestrahlter Stoffe bedürfen insoweit der Genehmigung der Kommission, als dies für die Zwecke des Artikels 77 erforderlich ist.

Artikel 79

Die Kommission verlangt, daß Aufstellungen über Betriebsvorgänge geführt und vorgelegt werden, um die Buchführung über verwendete oder erzeugte Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe zu ermöglichen. Das gleiche gilt für die Beförderung der Ausgangsstoffe und besonderen spaltbaren Stoffe.

Die Betroffenen geben den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats die Mitteilungen bekannt, die sie gemäß Artikel 78 und Absatz 1 dieses Artikels an die Kommission richten.

Art und Umfang der Verpflichtungen des Absatzes 1 dieses Artikels werden in einer Verordnung bestimmt, die von der Kommission mit Billigung des Rates erlassen wird.

Artikel 80

Die Kommission kann verlangen, daß alle überschüssigen besonderen spaltbaren Stoffe, die als Nebenprodukt wieder- oder neugewonnen und nicht tatsächlich verwendet oder zur Verwendung bereitgestellt werden, bei der Agentur oder in anderen Lagern hinterlegt werden, die der Überwachung der Kommission unterstehen oder zugänglich sind.

Die so hinterlegten besonderen spaltbaren Stoffe sind den Beteiligten auf Antrag unverzüglich zurückzugeben.

Artikel 81

Die Kommission kann in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten Inspektoren entsenden. Sie hört den Mitgliedstaat, bevor sie einen Inspektor mit seiner ersten Überwachungsaufgabe in den Hoheitsgebieten dieses Staates betraut; diese Anhörung wirkt auch für alle späteren Aufgaben dieses Inspektors.

Soweit dies für die Überwachung der Erze, Ausgangsstoffe und besonderen spaltbaren Stoffe und zu der Feststellung erforderlich ist, ob die Bestimmungen des Artikels 77 beachtet werden, haben die Inspektoren unter Vorlage eines Ausweises über ihre Amtseigenschaft jederzeit zu allen Orten, Unterlagen und Personen Zugang, die sich von Berufs wegen mit Stoffen, Ausrüstungsgegenständen oder Anlagen beschäftigen, welche gemäß diesem Kapitel der Überwachung unterliegen. Die von der Kommission ernannten Inspektoren werden auf Antrag des beteiligten Staates von Vertretern der Behörden dieses Staates begleitet; doch darf hierdurch für die Inspektoren bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe keine Verzögerung oder sonstige Behinderung eintreten.

Wird der Durchführung einer Überwachungsmaßnahme widersprochen, so hat die Kommission beim Präsidenten des Gerichtshofes einen Gerichtsbefehl zu beantragen, um die Durchführung dieser Überwachung im Zwangswege sicherzustellen. Der Präsident des Gerichtshofes entscheidet innerhalb von drei Tagen.

Bei Gefahr im Verzuge kann die Kommission durch eine eigene Entscheidung eine schriftliche Anordnung der Überwachungsmaßnahmen erlassen. Diese Anordnung ist dem Präsidenten des Gerichtshofes unverzüglich zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen.

Nach Erlaß des Befehls oder der Entscheidung haben die Behörden des betreffenden Staates den Inspektoren Zugang zu den Orten zu verschaffen, die in dem Befehl oder der Entscheidung bezeichnet sind.

Durch Artikel 1 Abs. 2 und Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 81 wie folgt geändert
- im Absatz 4 wurde das Wort "Entscheidung" ersetzt durch: "Beschluss".
- im Absatz 5 wurde das Wort "Entscheidung" (2x) ersetzt durch: "Beschluss".
- im Abs. 3 und 4 wurde nach dem Wort "Gerichtshofes" oder "Gerichtshofs" jeweils die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 82

Die Inspektoren werden von der Kommission eingestellt.

Ihnen liegt ob, sich die in Artikel 79 vorgesehene Buchführung vorlegen zu lassen und sie zu prüfen. Sie berichten der Kommission über jeden Verstoß.

Die Kommission kann eine Richtlinie erlassen, mit der sie dem betreffenden Mitgliedstaat aufgibt, innerhalb einer von ihr festgesetzten Frist alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem festgestellten Verstoß ein Ende zu setzen. Sie gibt dem Rat hiervon Kenntnis.

Kommt der Mitgliedstaat dieser Richtlinie der Kommission innerhalb der festgesetzten Frist nicht nach, so kann diese oder jeder beteiligte Mitgliedstaat, in Abweichung von den Artikeln 141 und 142, unmittelbar den Gerichtshof anrufen.

Durch Artikel 7 Abs. 1 (in Verbindung mit Artikel 5 des Vertrags) und 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 82 Absatz 4 (im Vertrag ist fälschlicherweise der Absatz 3 angegeben) wie folgt geändert:
- der Verweis "von den Artikeln 141 und 142" wurde ersetzt durch: "von den Artikeln 258 und 259 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union"
- das Wort "Gerichtshof" wurde ersetzt durch: "Gerichtshof der Europäischen Union".

Artikel 83

(1) Verletzen Personen oder Unternehmen die ihnen durch dieses Kapitel auferlegten Verpflichtungen, so kann die Kommission gegen sie Zwangsmaßnahmen verhängen.

Diese werden in folgenden Stufen verhängt:
a) Verwarnung,
b) Entzug besonderer Vorteile, wie finanzielle Unterstützung oder technische Hilfe,
c) Übertragung der Verwaltung des Unternehmens für eine Höchstdauer von vier Monaten an eine Person oder eine Personengruppe, die im gemeinsamen Einvernehmen zwischen der Kommission und dem Staat, dem das Unternehmen untersteht, bestellt werden,
d) vollständiger oder teilweiser Entzug der Ausgangsstoffe oder besonderen spaltbaren Stoffe.

(2) Die zur Durchführung des vorstehenden Absatzes erlassenen Entscheidungen der Kommission, die eine Herausgabeverpflichtung enthalten, sind vollstreckbar. Sie können in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Artikels 164 vollstreckt werden.

In Abweichung von Artikel 157 haben Klagen, die gegen die Entscheidungen der Kommission über die Verhängung der im vorstehenden Absatz vorgesehenen Zwangsmaßnahmen beim Gerichtshof erhoben werden, aufschiebende Wirkung. Der Gerichtshof kann jedoch auf Antrag der Kommission oder jedes beteiligten Mitgliedstaats die sofortige Vollstreckung der Entscheidung anordnen.

Der Schutz der verletzten Interessen ist durch ein angemessenes Rechtsverfahren zu gewährleisten.

(3) Die Kommission kann an die Mitgliedstaaten Empfehlungen über Rechtsvorschriften richten, welche die Beachtung der Verpflichtungen dieses Kapitels in ihren Hoheitsgebieten sicherstellen sollen.

(4) Die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, daß die Zwangsmaßnahmen vollstreckt und daß die Verletzung gegebenenfalls durch deren Urheber behoben werden.

Durch Artikel 1 Abs. 2 und Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde der Artikel 83 Abs. 2 wie folgt geändert
- im Unterabsatz 1 wurde das Wort "Entscheidungen" ersetzt durch: "Beschlüsse".
- im Unterabsatz 2 wurde das Wort "Entscheidungen" ersetzt durch: "Beschlüsse" und die Worte "der Entscheidung " wurde ersetzt durch: "des Beschlusses".
- im Unterabsatz 2 wurde das Wort "Gerichtshof" (2x) ersetzt durch: "Gerichtshof der Europäischen Union".

Artikel 84

Bei der Überwachung wird kein Unterschied nach dem Verwendungszweck der Erze, der Ausgangsstoffe und der besonderen spaltbaren Stoffe gemacht.

Der Bereich, die Art und Weise der Überwachung sowie die Befugnisse der mit der Überwachung beauftragten Organe sind auf die Verwirklichung der in diesem Kapitel bestimmten Ziele beschränkt.

Die Überwachung erstreckt sich nicht auf Stoffe, die für die Zwecke der Verteidigung bestimmt sind, soweit sie sich im Vorgang der Einfügung in Sondergeräte für diese Zwecke befinden oder soweit sie nach Abschluß dieser Einfügung gemäß einem Operationsplan in eine militärische Anlage eingesetzt oder dort gelagert werden.

Artikel 85

Die Einzelheiten der in diesem Kapitel vorgesehenen Überwachung können, falls neu eingetretene Umstände es erfordern, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung durch einstimmigen Beschluß des Rates diesen Umständen angepaßt werden; die Veranlassung dazu kann von einem Mitgliedstaat oder der Kommission ausgehen. Die Kommission hat jeden Antrag eines Mitgliedstaats zu untersuchen.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

KAPITEL 8
DAS EIGENTUM

Artikel 86

Die besonderen spaltbaren Stoffe sind Eigentum der Gemeinschaft.

Das Eigentumsrecht der Gemeinschaft umfaßt alle besonderen spaltbaren Stoffe, die von einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen erzeugt oder eingeführt werden und der in Kapitel 7 vorgesehenen Sicherheitsüberwachung unterliegen.

Artikel 87

Die Mitgliedstaaten, Personen oder Unternehmen haben an den besonderen spaltbaren Stoffen, die ordnungsgemäß in ihren Besitz gelangt sind, das unbeschränkte Nutzungs- und Verbrauchsrecht, soweit nicht für sie Verpflichtungen aus diesem Vertrag, insbesondere bezüglich der Sicherheitsüberwachung, des Bezugsrechts der Agentur und des Gesundheitsschutzes, entgegenstehen.

Artikel 88

Die Agentur führt im Namen der Gemeinschaft ein besonderes Konto mit der Bezeichnung "Finanzkonto der besonderen spaltbaren Stoffe".

Artikel 89

(1) Das Finanzkonto der besonderen spaltbaren Stoffe wird wie folgt geführt:
a) Der Gemeinschaft wird der Wert der besonderen spaltbaren Stoffe gutgeschrieben, die einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen überlassen oder zur Verfügung gestellt werden; der Mitgliedstaat, die Person oder das Unternehmen wird mit diesem Wert belastet;
b) die Gemeinschaft wird mit dem Wert der besonderen spaltbaren Stoffe belastet, die von einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen erzeugt oder eingeführt und Eigentum der Gemeinschaft werden; dieser Wert wird dem Mitgliedstaat, der Person oder dem Unternehmen gutgeschrieben. Eine entsprechende Buchung wird vorgenommen, wenn ein Mitgliedstaat, eine Person oder ein Unternehmen der Gemeinschaft besondere spaltbare Stoffe zurückgibt, die diesem Staat, dieser Person oder diesem Unternehmen vorher überlassen oder zur Verfügung gestellt worden waren.
(2) Die Wertschwankungen, denen die besonderen spaltbaren Stoffe unterliegen, werden rechnungsmäßig so behandelt, daß für die Gemeinschaft weder Verlust noch Gewinn entsteht. Die Gefahren gehen zu Lasten und Gewinn der Besitzer.

(3) Die Salden aus den obengenannten Vorgängen sind auf Verlangen des Gläubigers sofort fällig.

(4) Soweit die Agentur auf eigene Rechnung Geschäfte vornimmt, gilt sie für die Anwendung dieses Kapitels als Unternehmen.

Artikel 90

Die Vorschriften dieses Kapitels über das Eigentumsrecht der Gemeinschaft können, falls neu eingetretene Umstände das erfordern, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung durch einstimmigen Beschluß des Rates diesen Umständen angepaßt werden; die Veranlassung dazu kann von einem Mitgliedstaat oder von der Kommission ausgehen. Die Kommission hat jeden Antrag eines Mitgliedstaats zu untersuchen.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

Artikel 91

Die Ordnung des Eigentums an den Gegenständen, Stoffen und Vermögenswerten, an denen kein Eigentumsrecht der Gemeinschaft aufgrund dieses Kapitels besteht, richtet sich nach dem Recht der einzelnen Mitgliedstaaten.

KAPITEL 9
DER GEMEINSAME MARKT AUF DEM KERNGEBIET

Artikel 92

Die Bestimmungen dieses Kapitels finden auf die Güter und Erzeugnisse Anwendung, die in den Listen des Anhangs IV dieses Vertrags aufgeführt sind.

Diese Listen können vom Rat auf Vorschlag der Kommission geändert werden; die Veranlassung dazu kann von der Kommission oder einem Mitgliedstaat ausgehen.

Artikel 93

Die Mitgliedstaaten beseitigen untereinander ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags alle Einfuhr- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung und alle mengenmäßigen Beschränkungen der Ein- und Ausfuhr:
a) für die in den Listen A1 und A2 aufgeführten Erzeugnisse,
b) für die in der Liste B aufgeführten Erzeugnisse, soweit für diese Erzeugnisse ein Gemeinsamer Zolltarif gilt und sie mit einer Bescheinigung der Kommission versehen sind, aus der ihre Bestimmung für auf dem Kerngebiet liegende Zwecke hervorgeht.

Die einem Mitgliedstaat unterstehenden außereuropäischen Hoheitsgebiete können weiterhin Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung erheben, soweit sie ausschließlich fiskalischen Charakter haben. Höhe und System dieser Zölle und Abgaben dürfen nicht zu einer Diskriminierung dieses Staates und der übrigen Mitgliedstaaten führen.

Durch den Artikel 8 Ziffer 2 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurden in Artikel 93 Absatz 1 die Worte "Die Mitgliedstaaten beseitigen untereinander ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags alle Einfuhr- und Ausfuhrzölle" ersetzt durch: "Die Mitgliedstaaten verbieten untereinander alle Ein- und Ausfuhrzölle".

Artikel 94

Die Mitgliedstaaten stellen einen Gemeinsamen Zolltarif nach Maßgabe folgender Bestimmungen auf:
a) Für die in der Liste A1 aufgeführten Erzeugnisse wird der Gemeinsame Zolltarif auf der Höhe des niedrigsten Tarifs festgesetzt, der am 1. Januar 1957 in einem der Mitgliedstaaten gegolten hat.
b) Für die in der Liste A2 aufgeführten Erzeugnisse trifft die Kommission alle zweckdienlichen Vorkehrungen, um Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten über diese Erzeugnisse innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrags herbeizuführen. Kann für solche Erzeugnisse bis zum Ende des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags kein Einvernehmen erzielt werden, so setzt der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit die Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs fest.
c) Der Gemeinsame Zolltarif für die in den Listen A1 und A2 aufgeführten Erzeugnisse wird nach Ablauf des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags angewandt.

Durch den Artikel 8 Ziffer 3 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurde der Artikel 94 aufgehoben.

Artikel 95

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig die vorzeitige Anwendung der Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf diejenigen in Liste B aufgeführten Erzeugnisse beschließen, bei denen eine derartige Maßnahme zur Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft beitragen könnte.

Durch den Artikel 8 Ziffer 3 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurde der Artikel 95 aufgehoben.

Artikel 96

Die Mitgliedstaaten beseitigen gegenüber den Angehörigen eines Mitgliedstaats alle auf die Staatsangehörigkeit gegründeten Beschränkungen des Zugangs zu qualifizierten Beschäftigungen auf dem Kerngebiet; vorbehalten sind lediglich die Einschränkungen, die sich aus den grundlegenden Erfordernissen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit und der Volksgesundheit ergeben.

Der Rat kann nach Anhörung der Versammlung auf Vorschlag der Kommission, die zuvor die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses einholt, mit qualifizierter Mehrheit die Richtlinien für die Art und Weise der Anwendung dieses Artikels erlassen.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

Artikel 97

Natürliche oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die der Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats unterstehen, unterliegen keiner Beschränkung aufgrund ihrer Staatszugehörigkeit, wenn sie sich am Bau von Atomanlagen wissenschaftlicher oder gewerblicher Art in der Gemeinschaft beteiligen wollen.

Artikel 98

Die Mitgliedstaaten treffen alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Abschluß von Versicherungsverträgen zur Deckung der Gefahren auf dem Kerngebiet zu erleichtern.

Der Rat erläßt innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags nach Anhörung der Versammlung auf Vorschlag der Kommission, die zuvor die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses einholt, mit qualifizierter Mehrheit die Richtlinien für die Art und Weise der Anwendung dieses Artikels.

Durch Artikel 3 der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28. Februar 1986 in Verbindung mit den weiteren Bestimmungen dieser Akte wurde die Bezeichnung "die Versammlung" geändert in "das Europäische Parlament".

Durch den Artikel 8 Ziffer 4 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurden in Artikel 98 Absatz 2 die Worte "innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags" gestrichen..

Artikel 99

Die Kommission kann Empfehlungen zur Erleichterung des Kapitalverkehrs aussprechen, der dazu bestimmt ist, die in der Liste des Anhangs II dieses Vertrags genannten Erzeugungszweige zu finanzieren.

Artikel 100

Soweit der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nach diesem Vertrag freigegeben ist, verpflichtet sich jeder Mitgliedstaat zu genehmigen, daß in der Währung des Mitgliedstaats, in dem der Gläubiger oder der Begünstigte ansässig ist, Zahlungen betreffend den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr vorgenommen und daß Kapital und Löhne in dieser Währung überwiesen werden können.

Durch den Artikel 8 Ziffer 5 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurde der Artikel 100 aufgehoben.

KAPITEL 10
AUSSENBEZIEHUNGEN

Artikel 101

Die Gemeinschaft kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit Verpflichtungen durch Abkommen und Vereinbarungen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates eingehen.

Die Abkommen und Vereinbarungen werden von der Kommission nach den Richtlinien des Rates ausgehandelt; sie werden von der Kommission mit Zustimmung des Rates abgeschlossen; dieser beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

Jedoch werden Abkommen und Vereinbarungen, deren Durchführung keine Mitwirkung des Rates erfordert und im Rahmen des betreffenden Haushaltsplans möglich ist, von der Kommission allein ausgehandelt und abgeschlossen; die Kommission hat lediglich den Rat hierüber ständig zu unterrichten.

Artikel 102

Falls außer der Gemeinschaft ein oder mehrere Mitgliedstaaten an den Abkommen und Vereinbarungen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates beteiligt sind, so können diese Abkommen und Vereinbarungen erst in Kraft treten, wenn alle beteiligten Mitgliedstaaten der Kommission mitgeteilt haben, daß sie nach den Vorschriften ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung anwendbar geworden sind.

Artikel 103

Die Mitgliedstaaten haben der Kommission ihre Entwürfe von Abkommen und Vereinbarungen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates mitzuteilen, soweit diese Abkommen und Vereinbarungen den Anwendungsbereich dieses Vertrags berühren.

Enthält der Entwurf Bestimmungen, welche die Anwendung dieses Vertrags beeinträchtigen, so gibt die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat innerhalb eines Monats nach Eingang der an sie gerichteten Mitteilung ihre Einwendungen bekannt.

Der Staat kann das beabsichtigte Abkommen oder die beabsichtigte Vereinbarung erst schließen, wenn er die Bedenken der Kommission beseitigt hat oder wenn er durch Antrag im Dringlichkeitsverfahren einen Beschluß des Gerichtshofes über die Vereinbarkeit der beabsichtigten Bestimmungen mit den Vorschriften dieses Vertrags herbeigeführt und diesem Beschluß entsprochen hat. Der Antrag kann dem Gerichtshof jederzeit vorgelegt werden, sobald der Staat die Einwendungen der Kommission erhalten hat.

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurden im Artikel 103 Abs. 3 jeweils nach dem Wort "Gerichtshofes" bzw. "Gerichtshof" die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 104

Personen oder Unternehmen, die nach Inkrafttreten dieses Vertrags Abkommen oder Vereinbarungen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates schließen oder erneuern, können sich auf diese Abkommen oder Vereinbarungen nicht berufen, um sich den Verpflichtungen zu entziehen, die ihnen nach diesem Vertrag obliegen.

Jeder Mitgliedstaat trifft alle Maßnahmen, die er für erforderlich hält, um der Kommission auf deren Ersuchen alle Auskünfte über die Abkommen oder Vereinbarungen zu erteilen, die nach Inkrafttreten dieses Vertrags in dessen Anwendungsbereich von Personen oder Unternehmen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates abgeschlossen worden sind. Die Kommission darf diese Mitteilung nur anfordern, um zu prüfen, ob die Abkommen oder Vereinbarungen nicht Bestimmungen enthalten, welche die Anwendung dieses Vertrags beeinträchtigen.

Der Gerichtshof entscheidet auf Antrag der Kommission über die Vereinbarkeit dieser Abkommen und Vereinbarungen mit den Bestimmungen dieses Vertrags.

Durch den Artikel 8 Ziffer 6 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurde der Artikel 104 wie folgt geändert:
- in Absatz 1 wurden die Worte "nach Inkrafttreten dieses Vertrags" ersetzt durch: "nach dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, nach dem Zeitpunkt ihres Beitritts".
- in Absatz 2 wurden die Worte "nach Inkrafttreten dieses Vertrags in dessen Anwendungsbereich von Personen und Unternehmen" ersetzt durch: "nach den in Absatz 1 genannten Zeitpunkten im Anwendungsbereich dieses Vertrags von Personen oder Unternehmen".

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurden im Artikel 104 Abs. 3 nach dem Wort "Gerichtshof" die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 105

Die Durchführung von Abkommen und Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten dieses Vertrags von einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates abgeschlossen worden sind, kann nicht aufgrund der Vorschriften des Vertrags beanstandet werden, wenn diese Abkommen oder Vereinbarungen der Kommission spätestens 30 Tage nach Inkrafttreten dieses Vertrags mitgeteilt worden sind.

Jedoch ist die Berufung auf Abkommen und Vereinbarungen gegenüber diesem Vertrag unzulässig, wenn sie nach Unterzeichnung und vor Inkrafttreten des Vertrags von einer Person oder einem Unternehmen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten Staates geschlossen worden sind und wenn die Absicht, sich den Vorschriften dieses Vertrags zu entziehen, nach Auffassung des Gerichtshofes, der auf Antrag der Kommission entscheidet, für eine der Vertragsparteien ein bestimmender Grund für den Abschluß war.

Durch den Artikel 8 Ziffer 7 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurde der Artikel 105 wie folgt geändert:
- in Absatz 1 wurden die Worte "die vor Inkrafttreten dieses Vertrags von einem Mitgliedstaat" ersetzt durch: "die vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts von einem Mitgliedstaat".
- in Absatz 1 wurden die Worte "nach Inkrafttreten dieses Vertrags" ersetzt durch: "nach den genannten Zeitpunkten".
- in Absatz 2 wurden die Worte "wenn sie nach Unterzeichnung und vor Inkrafttreten des Vertrags" ersetzt durch: "wenn sie zwischen dem 25. März 1957 und dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, zwischen der Unterzeichnung der Beitrittsakte und dem Zeitpunkt ihres Beitritts".

Durch Artikel 7 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurden im Artikel 105 Abs. 2 nach dem Wort "Gerichtshofes" die Worte "der Europäischen Union" eingefügt.

Artikel 106

Die Mitgliedstaaten, die vor Inkrafttreten dieses Vertrags Abkommen mit dritten Staaten über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kernenergie geschlossen haben, sind verpflichtet, gemeinsam mit der Kommission Verhandlungen mit diesen dritten Staaten zu führen, damit die Gemeinschaft soweit wie möglich die Rechte und Pflichten aus den Abkommen übernimmt.

Jedes neue Abkommen, das sich aus diesen Verhandlungen ergibt, bedarf der Zustimmung des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, welche die obengenannten Abkommen unterzeichnet haben, sowie der Genehmigung des Rates, der mit qualifizierter Mehrheit beschließt.

Durch den Artikel 8 Ziffer 8 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 wurden in Artikel 106 Absatz 1 die Worte "vor Inkrafttreten dieses Vertrags" ersetzt durch: "vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts".


Quelle: Bundesgesetzblatt Teil II 1957 S.1014 ff., 1992 S. 1286, 1994 S. 2022, 1998 S.387, 2001 S. 1667, 2008 S. 1038
Amtsblatt der Europäischen Union, 1999 Teil C Nr. 323 S. 2
Internationale Verträge, Europarecht (Sartorius II), C.H.Beck

Friedrich Berber, Völkerrecht Dokumentensammlung Band I, C.H.Beck
Dokument der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten
SN 1247/1/01 REV 1, veröffentlicht vom Rat der Europäischen Union
© 20. Januar 2001 - 1. Dezember 2009
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