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Protokoll
über die Position Dänemarks

vom 13. Oktober 2004


DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -

UNTER BERUFUNG auf den Beschluss der am 12. Dezember 1992 in Edinburgh im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs zu bestimmten von Dänemark aufgeworfenen Problemen betreffend den Vertrag über die Europäische Union,

IN KENNTNIS der in dem Beschluss von Edinburgh festgelegten Haltung Dänemarks in Bezug auf die Unionsbürgerschaft, die Wirtschafts- und Währungsunion sowie auf die Verteidigungspolitik und die Bereiche Justiz und Inneres,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass Dänemarks Beteiligung an wichtigen Bereichen der Zusammenarbeit in der Union erheblich eingeschränkt wird, wenn die auf den Beschluss von Edinburgh zurückgehende Rechtsregelung im Rahmen der Verfassung fortgesetzt wird, und dass es im Interesse der Union liegt, die uneingeschränkte Anwendung des Besitzstands im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten,

IN DEM WUNSCH, aufgrund dessen einen Rechtsrahmen festzulegen, der Dänemark die Option bieten wird, sich am Erlass von Maßnahmen zu beteiligen, die auf der Grundlage von Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden, und die Absicht Dänemarks begrüßend, wenn möglich von dieser Option im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften Gebrauch zu machen,

IN ANBETRACHT DESSEN, dass Dänemark die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern wird, ihre Zusammenarbeit in Bezug auf Maßnahmen, die für Dänemark nicht bindend sind, weiter auszubauen, EINGEDENK des Protokolls über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

TEIL I

ARTIKEL 1

Dänemark beteiligt sich nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des dänischen Vertreters erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

ARTIKEL 2

Vorschriften des Teils III Titel III Kapitel IV der Verfassung, nach jenem Kapitel erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenem Kapitel geschlossen werden, sowie Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt werden, sind für Dänemark nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten Dänemarks. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf Dänemark Anwendung finden.

ARTIKEL 3

Dänemark hat außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen Folgen von Maßnahmen nach Artikel 1 zu tragen.

ARTIKEL 4

(1) Dänemark beschließt innerhalb von sechs Monaten nach Erlass einer Maßnahme des Rates zur Ergänzung des Schengen-Besitzstands nach Teil I, ob es diese Maßnahme in einzelstaatliches Recht umsetzt. Fasst es einen solchen Beschluss, so begründet diese Maßnahme eine Verpflichtung nach dem Völkerrecht zwischen Dänemark und den übrigen Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist.

Beschließt Dänemark, eine solche Maßnahme nicht umzusetzen, so prüfen die Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist, und Dänemark, welche Schritte zu unternehmen sind.

(2) Dänemark behält die Rechte und Pflichten, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa in Bezug auf den Schengen-Besitzstand bestanden.

TEIL II

ARTIKEL 5

Hinsichtlich der vom Rat nach Artikel I-41, Artikel III-295 Absatz 1 und den Artikeln III-309 bis III-313 der Verfassung erlassenen Maßnahmen beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben. Dänemark nimmt daher nicht am Erlass dieser Beschlüsse und Maßnahmen teil. Es wird die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet weiter auszubauen. Dänemark ist nicht verpflichtet, zur Finanzierung operativer Ausgaben beizutragen, die als Folge solcher Maßnahmen anfallen, oder der Union militärische Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen.

Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. TEIL

TEIL III

ARTIKEL 6

Dieses Protokoll gilt auch für Maßnahmen, die nach Artikel IV-438 der Verfassung in Kraft bleiben und die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa von dem Protokoll über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, erfasst waren.

ARTIKEL 7

Die Artikel 1, 2 und 3 finden keine Anwendung auf Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen, sowie auf Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung.

TEIL IV

ARTIKEL 8

Dänemark kann jederzeit den übrigen Mitgliedstaaten im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitteilen, dass es von diesem Protokoll insgesamt oder zum Teil keinen Gebrauch mehr machen will. In diesem Fall wird Dänemark sämtliche im Rahmen der Union getroffenen einschlägigen Maßnahmen, die bis dahin in Kraft getreten sind, in vollem Umfang anwenden.

ARTIKEL 9

(1) Dänemark kann jederzeit und unbeschadet des Artikels 8 den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitteilen, dass ab dem ersten Tag des auf die Mitteilung folgenden Monats Teil I dieses Protokolls aus den Bestimmungen im Anhang zu diesem Protokoll besteht. In diesem Fall werden die Artikel 5 bis 9 entsprechend umnummeriert.

(2) Sechs Monate nach dem Tag, an dem die Mitteilung nach Absatz 1 wirksam wird, sind der gesamte Schengen-Besitzstand und alle zur Ergänzung dieses Besitzstands erlassenen Maßnahmen, die für Dänemark bis dahin als Verpflichtungen im Rahmen des Völkerrechts bindend waren, für Dänemark als Unionsrecht bindend.

ANHANG

Artikel 1

Vorbehaltlich des Artikels 3 beteiligt sich Dänemark nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Artikel 2

Entsprechend Artikel 1 und vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 6 sind Vorschriften des Teils III Titel III Kapitel IV der Verfassung, nach jenem Kapitel erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenem Kapitel geschlossen werden, sowie Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt werden, für Dänemark nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten Dänemarks. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf Dänemark Anwendung finden.

Artikel 3

(1) Dänemark kann dem Präsidenten des Rates innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage beim Rat eines Vorschlags oder einer Initiative nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung schriftlich mitteilen, dass es sich am Erlass und an der Anwendung der betreffenden Maßnahme beteiligen möchte; dies ist Dänemark daraufhin gestattet.

(2) Kann eine Maßnahme nach Absatz 1 nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nicht mit Beteiligung Dänemarks erlassen werden, so kann der Rat die Maßnahme nach Artikel 1 ohne Beteiligung Dänemarks erlassen. In diesem Fall findet Artikel 2 Anwendung.

Artikel 4

Dänemark kann nach Erlass einer Maßnahme nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung dem Rat und der Kommission jederzeit mitteilen, dass es die Maßnahme anzunehmen wünscht. In diesem Fall findet das in Artikel III‑420 Absatz 1 der Verfassung vorgesehene Verfahren sinngemäß Anwendung.

Artikel 5

(1) Die Mitteilung nach Artikel 4 hat spätestens sechs Monate nach dem endgültigen Erlass einer Maßnahme zu erfolgen, wenn diese Maßnahme eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellt. Erfolgt von Dänemark keine Mitteilung nach Artikel 3 oder Artikel 4 zu Maßnahmen, die eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen, so werden die Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist, und Dänemark prüfen, welche Schritte zu unternehmen sind.

(2) Eine Mitteilung nach Artikel 3 zu Maßnahmen, die eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen, gilt unwiderruflich als Mitteilung nach Artikel 3 zu weiteren Vorschlägen oder Initiativen, mit denen diese Maßnahmen ergänzt werden sollen, sofern diese Vorschläge oder Initiativen eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen.

Artikel 6

In Fällen, in denen nach diesem Teil Dänemark durch eine vom Rat nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung erlassene Maßnahme gebunden ist, gelten hinsichtlich dieser Maßnahme für Dänemark die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

Artikel 7

Ist Dänemark durch eine nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung erlassene Maßnahme nicht gebunden, so hat es außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen Folgen dieser Maßnahme zu tragen, es sei denn der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig etwas anderes.

 


Quelle: Bundesgesetzblatt Teil II 2008 S. 1165ff.
Amtsblatt der Europäischen Union
© 27. Dezember 2009 - 2. Januar 2010

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